25 Jahre BahnWege-Seminare® und 15. Eisenbahnforum

Andreas Marx Unkategorisiert

Trier: Die älteste Stadt Deutschland war am 26. und 27. November 2019 Austragungsort des 15. Eisenbahnforums. Am jährlichen Branchentreff für Privateisenbahnen (Nichtbundeseigene Bahnen NE) nahmen 75 Fach- und Führungskräfte aus dem deutschsprachigen Raum teil.

Im Anschluss an die Begrüßung und Vorstellung des Veranstaltungsortes ging Andreas Marx, der Geschäftsführer der Rhomberg Sersa Vossloh GmbH, auf die Unternehmensgeschichte ein:

Am 01.02.1994 gründete ein 3-köpfiges Team von Weichenspezialisten eine Schreck-Mieves Niederlassung in Longuich als „Kundendienst“. Der Auftrag, einen After-Sales-Service für die Weichenherstellung und eine aktive Instandhaltungsunterstützung für Bahnwegebetreiber auf- und ausbauen. „Unterwegs gefunden“ wurden dabei zahlreiche Bedürfnisse, mit denen anfangs nicht zu rechnen war:

  • Konkret festgestellter und bewerteter Instandhaltungsbedarf mit Ableitung der richtigen und priorisierten Maßnahmen für gesamte Gleisnetze (mit Karteikarten?)
  • Lebenszyklusorientierter Substanzerhalt (wie kann man Abnutzungsvorrat messen?)
  • Expertenwissen und Verfahren zur fachgerechten Durchführung und Beurteilung von Instandsetzung, Wartung und Erneuerung (Experten mit pädagogischen Fähigkeiten?)   

Was folgte, war eine eigeninitiierte innovative Entwicklung: die digitale Oberbauinspektion, eine Akademie mit EBA Zulassung (BahnWege-Seminare®), Methoden zur Messung von Substanz und Abnutzungsvorrat, ein Experten- & Informationssystem MR.pro®, Infrastruktur Datenmanagement-Forschung (IDMVU) sowie diverse Mess- und Prüftechnik – und ein Ende ist nicht absehbar.

Auch im Jubiläumsjahr 2019 bot das Eisenbahnforum als Branchentreff ein breites Spektrum aktueller und interessanter Themen, vorgetragen von hochkarätigen Experten aus Wissenschaft und Praxis. Ein spannendes Forum mit intensiven Diskussionen und angeregtem Gedankenaustausch.

Die Fachvorträge im Einzelnen:

1. „Die überarbeiteten Oberbau-Richtlinien für Nichtbundeseigene Eisenbahnen Ob-Ri NE“ wurden von einem Mitglied des VDV Arbeitsausschusses vorgestellt: Harald KREFT, Mitglied der Geschäftsleitung der Hamburg Port Authority, einer der größten NE Bahnen in Deutschland.

Die neue Ob-Ri NE ist als VDV Schrift 612 03/2018 erschienen. Im Interesse der Einheitlichkeit des Eisenbahnwesens empfiehlt der VDV den NE die Ob-Ri NE zur Anwendung. Den Privateisenbahnen steht es frei, andere anerkannte Regeln der Technik anzuwenden oder den Nachweis gleicher Sicherheit zu erbringen. Integriert wurden auch Schmalspurbahnen mit 750 mm, 900 mm und 1000 mm Spurweite.

In Bezug auf die Instandhaltung gelten die Ob-Ri NE auch für bestehende Anlagen. Aus den Ob-Ri NE ergeben sich keine Nachrüstungs- oder Umrüstungspflichten für bestehende Anlagen. Für diese gilt grundsätzlich Bestandsschutz.

Kursiv gesetzte Inhalte beinhalten Erläuterungen, die Anlagen bieten ergänzende Informationen.

2. Unter dem Titel „Auf dem Weg zur digitalen Schiene – Neues von der Sicherungstechnik“ referierte Dr. Markus PELZ, Siemens Mobility GmbH über aktuelle Ansätze zur Digitalisierung der Schiene in Deutschland aus Sicht von #siemensmobility.

Spannend war neben der Evolution der Sicherungstechnik vor allem deren zukünftige Gestaltung und Umsetzung.

Die Kernthemen des Vortrags waren signaltechnische Lösungen, mit den Zielen:

1. EFFIZIENZ steigern

2. KAPAZITÄT erhöhen

3. MODAL SHIFT realisieren

3. Hinter dem etwas sperrigen Titel „Eisenbahnunternehmen im Ehrenamt – Regionalentwicklung der Smart Railway und MonoCabs bei der Landeseisenbahn Lippe“ des Vortrags von Thorsten FÖRSTERLING, alberts-Architekten BDA verbarg sich ein echter Knaller: Monocabs – autonomes Bahntaxi auf einer Schiene!

“Wir haben Autodörfer mit Gleisanschluss“, so der Innovationsmanager aus Bielefeld, der 2018 mit dem Deutschen Mobilitätspreis Open Innovation ausgezeichnet wurde. Wie können wir die Mobilität im ländlichen Raum erfolgreich gestalten?

Seine revolutionäre Idee: Kreiselstabilisierte Einschienen-Monocabs

4. Der technische Geschäftsführer der ARGE Rhomberg-Swietelsky für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, Philipp NACHBAUR, Rhomberg Bahntechnik stellte eines der aktuell größten Bahnprojekte in Deutschland vor: „Großprojekt Wendlingen-Ulm“

Die ARGE ist als Generalunternehmer für  Bahntechnik und Oberbau verantwortlich für

  • Oberbau – „Festen Fahrbahn“
  • Elektrotechnische Ausrüstung
  • Inbetriebnahme

Philipp Nachbaur stellte die Herausforderungen des Projekts dar:

  • Langwierige und umfangreiche Planungsprozesse
  • Koordination aller Gewerke inklusive der Beistellungen der Bahn – multidisziplinäres Projekt
  • Schrittweise Übergabe des Rohbaus und der festen Fahrbahn
  • Sehr aufwändige Tunnellogistik auf Grund sicherheitstechnischer Anforderungen; Rettungs- und Feuerwehrkonzepte
  • Modernste Technik in den Bestand der DB integrieren

5. Der Vortrag „Sekundär-Lärmminderung am Fahrweg – Theorie trifft Messung“ von
Dr. Ferdinand POSPISCHIL, Universität Innsbruck, beleuchtete neben Auswirkungen und Ursachen neue Erkenntnisse hinsichtlich der Lärmbekämpfung:

  • Unterscheidung Primär – Sekundärlärm
  • Maßnahmen an Fragestellung anpassen
  • Brücken bedürfen einer genaueren Betrachtung
  • Je größer die Masse, desto kleiner die Eigenfrequenz desto größer die Wirkung bei 63 Hz
  • Langfristiger effektiver Erschütterungsschutz ist in allen Frequenzbereichen möglich

Insbesondere die Reduzierung von Erschütterungen durch Schwellensohlen und Unterschottermatten ist für die langfristige Vermeidung von Oberbauschäden sinnvoll, damit Schadbilder, wie weiß gemahlener Schotter nicht mehr auftreten.

6. In seinem Vortrag „Virtuelle Sicherheit – Baustellen sicherer gestalten“
wies Dr. Jochen TEIZER, der an der Ruhr Universität Bochum lehrt, forscht und neuartige Prozesse und Technologien entwickelt, um die Produktivität und Arbeitssicherheit in der Planung und Ausführung von Bauprojekten zu steigern, auf den Top-Down-Ansatz hin. Sicherheit kann nur vom Management so hoch wie möglich angesiedelt werden, da ansonsten die hohe Zahl an Todesopfern aufgrund von Arbeitsunfällen am Bau nicht wirklich reduziert werden kann. Er setzt dabei auf eine Kombination von Bewährtem und Neuem:

  • “Safety first!”
  • Präventives Planen mit digitalen Modellen (BIM)
  • Proaktives Warnen, Melden und Auswerten
  • Personalisiertes Lernen mit neuen Medien wie AR/AV/VR

Den 1:1 Zusammenhang zwischen Produktivität und Arbeitsschutz konnte er an zahlreichen Beispielen verdeutlichen. Der Erfassung und Behandlung von Beinahe-Unfällen wird in Deutschland leider noch immer nicht genügend Bedeutung beigemessen.

Mit Hilfe von Virtual Reality und Building Information Modeling Technologien lassen sich detaillierte Prozessanalysen und Übungen realitätsnah durchführen, und Gefahren noch vor der Bauausführung erkennen und vermeiden zu können.

7. Christoph EISEL, BG Bau Prävention Kampfmittelräumung, Kaiserslautern erläuterte in seinem Vortrag „Kampfmittelfreies Bauen“ die Aktualität des Themas und ging auf die Pflichten der Bauherren, Planer und Bauunternehmer im Rahmen der Kampfmittelbeseitigung ein.

  • Pflichten des Bauherrn
    • als Zustandsstörer verantwortlich für die Kampfmittelfreiheit des Baugrunds
    • vor Baubeginn regelgerechte Untersuchung zur Belastung des Baubereichs mit Kampfmitteln
    • Kampfmittel-Erkundungsarbeiten nur von zugelassenen Fachunternehmen
    • Kosten Erkundung und Sicherungsmaßnahmen trägt der Bauherr
    • Schriftliche Freigabe und Bestätigung der Kampfmittelfreiheit bzw. Erkundung
  • Pflichten des Planers
    • Hinweispflicht auf Notwendigkeit der Kampfmittelfreiheits-Feststellung
    • Aktive Prozesssteuerung bis zur Feststellung der Kampfmittelfreiheit
    • Einhaltung Finanz- und Bauzeitplanung bei Kampfmittelbelastung
    • Veranlassung Einstellen der Arbeiten und Sicherungsmaßnahmen (Bauleitung)
  • Pflichten des Bauunternehmers
    • Gefährdungsbeurteilung
    • Aufnahme Bauarbeiten erst wenn ordnungsgemäße Freigabe durch Fachstelle oder -behörde bzw. autorisiertes Fachunternehmen vorliegt

Sollten trotz ordnungsgemäßer Freigabe im Zuge der Bauarbeiten Kampfmittel angetroffen werden, ist die Arbeit sofort einzustellen, die Baustelle sofort gegen Zutritt zu sichern, dann zu verlassen und die Polizei zu verständigen.


8. „Einsatz von Kunststoff- und Kunstholzschwellen im Gleisnetz – wie geht es weiter mit der Holzschwelle?“ so der Vortragstitel von Wolfgang WORF, der seit 2012 für die Infrastruktur der Stadtverkehrsgesellschaft mbH Frankfurt/Oder (SVF) verantwortlich ist.

Das 46 km umfassende Streckennetz der SVF ist 2/3 Betonschwellen, 1/3 mit Holzschwellen und seit dem Neubau der Autobahnbrücke mit 236 Stück Kunstholzschwellen ausgestattet.

Wolfgang Worf. Notwendig wurde die Werkstoffalternative, da die Zulassung für mit Steinkohlenteeröl (Kreosot) imprägnierte Holzschwellen nach 184 Jahren erfolgreichem Einsatz ab 30.03.2021 auszulaufen droht. Aktuell läuft ein Wiedergenehmigungsverfahren, dessen Ergebnis offen ist. Für die Brückenerneuerung wurden DB zugelassene FFU Kunststoffschwellen des japanischen Herstellers SEKISUI eingesetzt, für die bereits Langfristerfahrungen von knapp 40 Jahre vorliegen.

9. Daniel FEYDER, CFL stellte das 2017 eröffnete Intermodale Terminal in Dudelange/Luxembourg vor, das im Rahmen der Fachexkursion am Ende des 15. Eisenbahnforums besichtigt wurde. Das multimodale Drehkreuz Luxemburg liegt am Frachtkorridor Nordsee-Mittelmeer und an der Kreuzung wichtiger europäischer Straßen.

Der Schienenverkehr wird durch sog. Schienen-Autobahnen (autoroutes ferroviaires) belebt:

Da die meisten Sattelanhänger nicht kranbar sind, werden Wagentaschen verwendet. Die

Lorry-Rail besitzt 45 Tiefladewagen der neuen Generation. Dieses Rollmaterial hat sich seit 2003 aufgrund seiner Zuverlässigkeit und Robustheit bewährt. Durch die Technik der drehbaren Wagentaschen kann die für den Umschlag benötigte Zeit auf ein Minimum reduziert werden. Die Niederflur-Gelenkwagen mit 2 drehbaren Wagentaschen zwischen den Drehgestellen ausgestattet, die an den Wagenenden festgezurrt sind. Zur Bewegung der Wagentaschen ist eine Drehvorrichtung im Boden integriert. Das Be- und Entladen der Sattelanhänger wird von der Plattform aus mit einem entsprechendem Bodensystem gesteuert und die Wagentaschen drehen sich in offener Position (31°-Winkel).